Digitale Mobilität der Zukunft

Wie könnte die zukünftige Mobilität in der Innenstadt aussehen?

Workshop mit Alexandra Geese und Romy Mamerow

Am Mittwoch, 11. Mai 2022 fand um 19:00 Uhr ein Workshop mit dem Titel „Europa, NRW und Halle digital“ in der Haller Innenstadt statt. Zu Gast waren die Europaabgeordnete Alexandra Geese und die Landtagskandidatin Romy Mamerow. Moderiert wurde die Veranstaltung durch die Ortsverbands-sprecherin der Haller Grünen, Veronika Karpf.

Eine große Gruppe interessierter BürgerInnen haben sich zusammen mit den Vertretern der GRÜNEN über Mobilität in der Innenstadt ausgetauscht, von E-Scooter-Sharing, über den Ausbau der E-Ladesäulen in Europa bis hin zu autonomen Elektrobussen als Shuttle auf der Alleestraße. 

Sharing-Angebote für Halle vorstellbar? 

Einige der Workshop-TeilnehmerInnen haben schon einmal E-Scooter in einer Großstadt ausprobiert, unter anderem auch Europaabgeordnete Alexandra Geese. Sie berichtet von einer E-Scooter-Fahrt in Paris. Paris hat bereits vor einigen Jahren eine Mobilitätswende durchgeführt. Von Autoverkehr entlang der Seine hin zu Fahrrad- und Fußgängerwegen auf denen sich auch prima E-Scooter fahren lässt. In Paris gibt es außerdem das 365€-Ticket. Für 365€ pro Jahr können die PariserInnen den öffentlichen Nahverkehr nutzen. Romy Mamerow merkt an, dass das für Familien mit mehreren Kindern dennoch viel Geld ist. Die GRÜNEN NRW planen daher kostenlose ÖPNV-Tickets für SchülerInnen und junge Menschen unter 18 Jahren in NRW. 

Auf Grund der teils weit entfernten Stadtteile, wie beispielsweise Kölkebeck, können sich die Workshop-TeilnehmerInnen E-Scooter für Halle eher nicht vorstellen. Car-Sharing wäre da schon etwas anderes. Wichtig wäre allerdings, dass die Autos in allen Stadtteilen ausleihbar und wieder abzugeben sind. Das könnte das Privatauto oder wenigstens den Zweiwagen für den ein oder anderen überflüssig machen. 

Der Landkreis Stade macht es vor: Der Dorfstromer e.V. betreibt im Landkreise Stade und inzwischen in Hamburg-Altona 12 Elektroautos, die sich Mitglieder des Vereins ausleihen können. Die monatliche Mitgliedsgebühr beträgt 5€. Die Nutzung ist viel günstiger als ein Mietwagen: Ein ganzes Wochenende von Freitag- bis Sonntagabend kostet 60 € inklusive der Stromladung. Ehrenamtliche kümmern sich um die Wartung der geleasten E-Autos. Die App mit dem Buchungssystem wurde extern eingekauft.1

 

Helga Lange erzählte, in Borgholzhausen sind die von der Kommune angebotenen E-Autos für die „letzte Meile“ ab Bahnhof kostenlos nutzbar, wenn ein ÖPNV-Ticket gekauft wurde. Die Buchung der Autos kann mit wenigen Klicks in einer App vorgenommen werden.2

Damit in Zukunft nicht mehr für die diversen Angebote (Sharing, ÖPNV, etc.) einzelne Apps genutzt werden müssen, plant der Kreis Gütersloh aktuell eine App für Alles. Als Optimalfall beschrieb Alexandra Geese eine App, in der sich alle Züge, Busse, Bahnen, Sharingdienste aller Anbieter buchen lassen. Die Abrechnung gegenüber den verschiedenen Verkehrsbetrieben übernimmt der App-Betreiber. Die KundInnen haben mit dem Bezahl-Wirrwarr nichts zu tun.  

Anruf-Sammeltaxi

Im Unterschied zum Privat-PKW fahren die öffentlichen Verkehrsmittel nicht nach Bedarf, sondern nach festen Fahrplänen. Wenn die nur wenige Fahrten pro Tag vorsehen und Anschlüsse nicht passend getaktet sind, kann das einen großen Einfluss auf die Tagesplanung der Mitfahrenden haben. Mögliche Lösungsansätze bieten Angebote wie On-Demand-Busse oder das Anruf-Sammeltaxi, dass es bereits seit einigen Jahren in Halle gibt.3  Informationen zu Buchung und Preisen und die generelle Bekanntheit des Angebots lassen laut der Anwesenden noch sehr zu wünschen übrig. Es wurde angemerkt, dass das Konzept derzeit überarbeitet werde. Die Anwesenden waren sich einig: Das Potential des Anruf-Sammeltaxis wird aktuell noch nicht ausgeschöpft. 

E-Ladesäulen sollen ausgebaut werden

Einige der TeilnehmerInnen haben bereits ein „E“ auf ihrem Kennzeichen. Die Meisten von Ihnen laden allerdings ausschließlich zuhause. Das Laden an öffentlichen Ladestationen kann schwierig sein, berichtete Helga Lange. Anderen macht das nach viel Übung keine Probleme mehr – höchstens durch blendendes Sonnenlicht auf dem Displays. 

Damit nicht mehr jede E-Ladesäule eine eigene Zahlart oder gar Accounts fordert, beschreibt das Zielbild der GRÜNEN einen einheitlichen Standard. Das Laden sollte möglichst unkompliziert sein und kein Argument gegen Elektromobilität sein. Außerdem sollte die Abdeckung mit Schnellladesäulen stark ausgebaut werden, denn diese laden etwa 13x schneller als herkömmliche. 

Alexandra Geese erläuterte: Die Europäische Kommission verpflichtet die EU-Staaten die Ladeinfrastruktur bis 2025 soweit auszuweiten, dass an allen Schnellstraßen die nächste Schnellladesäule maximal 60 km weit entfernt ist. Damit wären selbst längere Reisen mit E-Autos kein Problem mehr.

Autonome Busse – doch nicht im kleinen Halle! Oder doch?

„Das ist schon scary [deutsch: unheimlich], wenn man im Bus sitzt und merkt, dass gar kein Fahrer da ist“ berichtete eine Workshop-Teilnehmerin. Sicher gefühlt hat sie sich im Bus in Zürich dennoch.

Auch in deutschen Städten können autonome Busse genutzt werden. Monheim am Rhein hat 2019 den deutschlandweit ersten Linienverkehr mit selbstfahrenden E-Bussen eingeführt.4 Die Busse bringen Einheimische wie Touristen in die Monheimer Altstadt. Noch sind in Deutschland sogenannte Operatoren rechtlich verpflichtend einzusetzen, die die Fahrt überwachen und wenn nötig eingreifen.

Der Ausbau des autonomen Fahrens ist sowohl auf EU- wie auf Bundesebene in Planung. In Zukunft kann es also gut sein, dass autonome Busse zum normalen Stadtbild gehören. Die Workshop-TeilnehmerInnen merkten an, dass der Preis stimmen und die Ticketbuchung möglichst simple sein sollte. Für ältere Menschen könnte neben der digitalen Buchung auch eine Alternative per Telefon oder an einem Automaten möglich gemacht werden. Alexandra Geese erzählte, in Brüssel hält man beim Einsteigen einfach die Kreditkarte an ein Gerät. Dadurch wird die Suche nach dem richtigen Tarif und lange Bestellstrecken an Automaten überflüssig.  

Antrag zur Teilnahme an der Europäischen Mobilitätswoche

Neben vielen spannenden Ideen, hat sich eine Maßnahme deutlich vorgetan: Die Teilnahme an der Europäischen Mobilitätswoche. Die Europäische Mobilitätswoche ist eine Aktionswoche zum Thema nachhaltige Mobilität in Städten. Sie findet jährlich immer vom 16. bis 22. September statt. Die von der Europäischen Kommission ins Leben gerufene Woche wirbt für öffentlichen Nahverkehr, innovative Mobilitätsformen und andere grüne Fortbewegungsmethoden. Ziel der Woche ist es, den BürgerInnen Spaß an nachhaltiger Mobilität zu vermitteln, um Nutzung und Akzeptanz zu steigern. Im Rahmen der Woche präsentieren die teilnehmenden Kommunen bereits in der Kommune vorhandene Lösungen und führen Aktionen wie autofreie Tage und Reallabore durch.

2021 haben 129 deutsche Städte teilgenommen, darunter Detmold, Herford, Münster, Neumünster und Osnabrück. Detmold verwandelte 2021 im Rahmen des „Parking Days“ Parkplätze in der Krummen Straße in Begegnungsflächen und zeigte so alternative Nutzung von Parkraum auf. Osnabrück führte Veranstaltungen mit den Titeln „Architektur und Mobilität“ und „Konzeptstudie ÖPNV“ durch.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Halle Westf. stellt einen entsprechenden Antrag an den Bürgermeister und freut sich auf eine Fortsetzung des Workshops durch die Verwaltung im September.

 

 


Podcast „Autokorrektur“, Folge 22, https://www.quarks.de/autokorrektur-der-quarks-podcast-fuer-bessere-mobilitaet/

2 https://news.westenergie.de/borgholzhausen-startet-deutschlandweit-einmaliges-linien-e-carsharing/

3 https://www.twv-bus.de/de/strecken/taxibus/linie/anrufsammeltaxi-halle

https://www.monheim.de/leichte-sprache/stadtleben-aktuelles/stadtprofil/smart-city#c121224